Ingeborg Bachmann / Max Frisch - der Briefwechsel

Knapp fünf Jahre waren Ingeborg Bachmann und Max Frisch ein Paar. Im November 2022 ist der Briefwechsel erschienen - ein sensationelles Dokument. Zum einen, weil diese Briefe nicht an die Öffentlichkeit sollten, zum anderen, weil sie endlich Licht in das viel diskutierte Verhältnis der beiden bringen. In über 300 überlieferten Schriftstücken legen sie Zeugnis ab, vom Leben, Lieben und Leiden eines der bekanntesten Paare der deutschsprachigen Literatur.

«Trümmer einer Liebesutopie», «Das Höllentor einer Liebe», «ein Unheil füreinander» oder so ähnlich waren die Titel der vielen meist ganzseitigen Rezensionen. Schon lange ist kein literarisches Werk mehr so intensiv besprochen worden. Auch die Frage «darf man das?» wurde oft gestellt. Letztlich muss das jeder für sich selbst entscheiden. Doch beim Lesen stellt sich bald heraus, dass man den beiden niemals peinlich nahekommt. Eher wird uns bewusst, dass die Zeit des Briefeschreibens schon lange vorbei ist.

Die promovierte Journalistin und Literaturwissenschaftlerin Bettina Schulte wird uns diesen Briefwechsel aufschlüsseln und versuchen nachzuzeichnen, in welcher Schaffensphase sich die beiden Autoren zwischen 1958 und 1962 befunden haben und inwiefern die in den Briefen gelebte Realität sich auf die bisherige Rezeption ihrer Werke niederschlägt; ob wir Frisch und Bachmann noch so lesen können, wie wir es bisher getan haben. Denn hier sind zwei Werke und zwei mit ihrer Liebe kämpfende Autoren auf das Engste miteinander verflochten. Nach der Lektüre der Briefe erscheinen sie in einem neuen Licht.

Um diesen Vortrag und der Diskussion folgen zu können, muss man die Briefe nicht gelesen haben, von Vorteil ist es trotzdem. Deshalb ist es vielleicht keine schlechte Idee, sich in den kommenden ruhigen Tagen auf eine literarische Reise zu begeben, die sich wie ein Roman liest, intime Mitteilungen und Weltliteratur zugleich.

Ingeborg Bachmann, Max Frisch - Wir haben es nicht gut gemacht. Der Briefwechsel. Mit Briefen von Verwandten, Freunden und Bekannten. Piper Verlag und Suhrkamp Verlag 2022.